🟢 Die Falle der versunkenen Kosten

Gute Verkäufer sind wie gute Gärtner - sie wissen, wann sie beschneiden müssen, damit Neues wachsen kann

Mentale Modelle helfen uns, den komplexen Verkaufsalltag besser zu meistern. Heute geht es um:

Die Erkenntnis, dass vergangene Investitionen uns nicht daran hindern sollten, klügere Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

Der Trugschluss der versunkenen Kosten kann teure Fehler verursachen und verhindert oft, dass wir bessere Wege einschlagen.

Inhalt:

Der Kern

Wenn wir Zeit, Geld oder Energie in etwas investiert haben, neigen wir dazu, an dieser Sache festzuhalten – selbst wenn das Aufgeben besser wäre. Diese irrationale Bindung an vergangene Kosten nennen Psychologen die "Versunkene-Kosten-Falle".

Warum das wichtig ist:

Weil Versicherungsprofis ständig mit versunkenen Kosten konfrontiert werden:

  • Monate in einen Großkunden investiert, der nicht abschließt

  • Stunden mit komplexen Angeboten verbracht, die nicht zum Ziel führen

  • Jahre in veraltete Vertriebswege gesteckt

  • Emotionale Energie in unrentable Kundenbeziehungen investiert

Aber: Vergangene Kosten sollten zukünftige Entscheidungen nicht beeinflussen.

Darum relevant

Im Vertrieb kann diese Falle teuer werden:

Wenn Sie nicht loslassen können:

  • Der vielversprechende Kunde, der Sie seit Monaten hinhält, kostet weiterhin wertvolle Zeit

  • Das traditionsreiche, aber unrentable Geschäftsmodell zehrt weiter Ressourcen auf

  • Die aufwändige Akquise-Methode wird weiterhin praktiziert, obwohl sie kaum Erfolg bringt

Was das kostet:

  • Verlorene Chancen bei lukrativeren Kunden

  • Verschwendete Zeit und Energie

  • Sinkende Motivation und steigende Frustration

  • Festhalten an überholten Strategien

Der Mehrwert des Modells: Es lehrt uns, mutig in die Zukunft zu schauen, statt an vergangenen Investitionen festzuhalten.

Die Geschichte dahinter

Das Konzept stammt aus der Wirtschaftswissenschaft und wurde durch die Verhaltensökonomie populär.

Die Grundidee:

  • Rationale Entscheidungen sollten nur auf Basis zukünftiger Kosten und zukünftigen Nutzens getroffen werden

  • Vergangene Investitionen ("versunkene Kosten") sind irrelevant für zukünftige Entscheidungen

  • Menschen handeln oft irrational und lassen vergangene Kosten ihre Entscheidungen beeinflussen

Ein klassisches Beispiel: Das "Concorde-Projekt" – Frankreich und Großbritannien investierten weiter in die Entwicklung des Überschall-Flugzeugs, obwohl klar war, dass es ein wirtschaftliches Desaster werden würde. Die bereits investierten Millionen machten es psychologisch unmöglich, das Projekt zu stoppen.

Was wir lernen: Die Sunk-Cost-Falle beeinflusst nicht nur Einzelpersonen, sondern auch große Organisationen und Regierungen. Niemand ist immun.

Zentrale Erkenntnisse

Der Verlustschmerz überwiegt die Gewinnfreude

Grundprinzip: Menschen empfinden Verluste etwa doppelt so intensiv wie gleichwertige Gewinne.

Im Versicherungsvertrieb bedeutet das:

  • Der Schmerz über einen "verschwendeten" Kundentermin wiegt schwerer als die Freude über einen neuen Kontakt

  • Die Angst, eine begonnene Akquise "umsonst" betrieben zu haben, führt zu ineffizientem Nachfassen

  • Die Furcht vor dem Eingeständnis eines Fehlers hält uns an falschen Strategien fest

Warnsignale, die Sie ernst nehmen sollten

  • "Jetzt habe ich schon so viel Zeit in den Kunden investiert..."

  • "Das haben wir immer so gemacht, wir können jetzt nicht einfach aufhören."

  • "Wir müssen weitermachen, sonst war alles umsonst."

Erfolgsweg: Trennen Sie vergangene Kosten von zukünftigen Entscheidungen. Fragen Sie: "Wenn ich heute neu anfangen würde – würde ich Zeit in diesen Kunden/diese Strategie investieren?"

Der Einfluss sozialer Bewertung

Grundprinzip: Die Furcht vor sozialer Missbilligung verstärkt die Sunk-Cost-Fallacy.

Im Vertrieb bedeutet das:

  • Die Angst, vor Kollegen als "Versager" dazustehen, wenn man einen Kunden aufgibt

  • Die Sorge, dass Vorgesetzte einen für "inkonsequent" halten könnten

  • Der Wunsch, die eigenen früheren Entscheidungen zu rechtfertigen

Konkrete Beispiele:

  • Der Verkäufer, der weiter Zeit in einen aussichtslosen Kunden investiert, nur weil er dem Team von diesem "heißen Lead" erzählt hat

  • Der Teamleiter, der an einer erfolglosen Kampagne festhält, weil er sie selbst initiiert hat

  • Der Agenturinhaber, der an einem unrentablen Standort festhält, um nicht das Gesicht zu verlieren

Erfolgsweg: Schaffen Sie eine Kultur, in der das Loslassen nicht als Scheitern, sondern als kluge Ressourcenallokation gilt. Belohnen Sie die Fähigkeit, Verluste zu begrenzen, nicht nur das Festhalten an Zielen.

Vom Preis zum Wert umdenken

Grundprinzip: Der Fokus auf investierte Ressourcen lenkt vom eigentlichen Ziel ab – dem zukünftigen Wert.

Im Vertriebsalltag erkennbar an:

  • Verkäufer verfolgen hartnäckig einen Großkunden, obwohl die Abschlusswahrscheinlichkeit minimal ist

  • Teams halten an komplexen Angebotsprozessen fest, obwohl einfachere Lösungen bessere Ergebnisse bringen

  • Berater verbringen zu viel Zeit mit Kunden, die ständig neue Informationen fordern, aber nie handeln

Praxisbeispiel: Ein Versicherungsmakler hat drei Monate in einen potenziellen Firmenkunden investiert, der immer neue Angebote fordert. Statt weiter Zeit zu investieren, entscheidet er: "Ab jetzt konzentriere ich mich auf neue Leads mit höherer Abschlusswahrscheinlichkeit."

Erfolgsweg: Bewerten Sie regelmäßig den erwarteten zukünftigen Wert Ihrer Aktivitäten – unabhängig von Ihren bisherigen Investitionen.

Grenzen beachten

Typische Fallstricke

Übertriebenes Loslassen: Nicht jede schwierige Kundenbeziehung sollte aufgegeben werden. Manche Kunden brauchen einfach länger, um Vertrauen zu fassen.

Achtung bei:

  • Vorschnellem Aufgeben bei den ersten Hürden

  • Ungeduld bei komplexen, aber wertvollen Kundenprojekten

  • Vernachlässigung von Bestandskunden zugunsten neuer Akquise

Verwechslung mit Durchhaltevermögen: Erfolg braucht oft Ausdauer. Die Kunst liegt darin, zwischen sinnvollem Durchhalten und irrationalem Festhalten zu unterscheiden.

Besser so: "Ich investiere weiter in diesen Kunden, weil ich konkrete Anzeichen für einen Abschluss sehe – nicht weil ich bereits viel Zeit investiert habe."

Wann passt das Modell nicht?

Bei langfristigen Beziehungen: Im Relationship-Selling kann eine langfristige Perspektive wichtiger sein als kurzfristige Kosten-Nutzen-Rechnungen.

Erkennen Sie die Anzeichen:

  • Kunden mit hohem Lifetime-Value

  • Strategische Partnerschaften mit Cross-Selling-Potenzial

  • Referenzgeber mit starkem Netzwerk

Bei Kompetenzaufbau: Wenn Sie in neue Fähigkeiten oder Märkte investieren, kann eine längere "Durststrecke" normal sein, bevor sich Erfolge einstellen.

Praxistipp: "Unterscheiden Sie zwischen strategischen Investitionen in die Zukunft und dem irrationalen Festhalten an verlorenen Investments."

Worauf zu achten ist

Regelmäßige Neubewertung: Führen Sie periodische, ehrliche Bewertungen Ihrer laufenden Projekte durch. Fragen Sie: "Würde ich dieses Projekt heute neu starten?"

Praktische Umsetzung:

  • Setzen Sie klare Kriterien für den Abbruch von Projekten oder Kundenbeziehungen

  • Führen Sie ein "Opportunity Review" ein, bei dem Sie bestehende Leads neu priorisieren

  • Reflektieren Sie nach jedem größeren Investment: "Was habe ich gelernt, unabhängig vom Erfolg?"

Balance finden: Zwischen sinnvollem Durchhalten und mutigem Loslassen liegt die Kunst des erfolgreichen Vertriebs.

Goldene Regel: "Bewerten Sie Ihre Optionen stets nach ihrem zukünftigen Potenzial, nicht nach Ihren vergangenen Investitionen."

Fazit

Das mentale Modell der "Versunkene-Kosten-Falle" erinnert uns: Bereits investierte Ressourcen sollten unsere zukünftigen Entscheidungen nicht beeinflussen.

Die Quintessenz für Verkaufsprofis:

  • Vergangene Investitionen können nicht zurückgeholt werden – egal wie Sie sich entscheiden

  • Jede neue Minute, jeder neue Euro sollte dort investiert werden, wo der größte zukünftige Nutzen entsteht

  • Die besten Verkäufer sind nicht die hartnäckigsten, sondern die, die wissen, wann sie loslassen und neu anfangen müssen

Ihr Wettbewerbsvorteil: Während andere an aussichtslosen Projekten festhalten, fokussieren Sie Ihre Energie auf die vielversprechendsten Chancen.

Vergessen Sie nicht: Im Vertrieb gewinnt nicht, wer am längsten durchhält, sondern wer seine Ressourcen am klügsten einsetzt.

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